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04/04
Was bleibt vom Vergessen?
„Mir ist gegenwärtig wie
vorgestern, ..."


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Der Geschichtsunterricht, den ich erhielt, hatte recht wenig zu (Austro-)Faschismus, Nationalsozialismus und zum Zweiten Weltkrieg zu sagen. Im wesentlichen wurde die Zeit von den 1930er Jahren bis 1945 anhand historischer Ereignisse als historische Epoche (weit weg, lange her) behandelt. Aufgeschlossene Elternteile und LehrerInnen ermutigten uns, Biografien von Opfern des Nationalsozialismus zu lesen, dramatische Darstellungen über oder von verfolgten Jüdinnen und Juden (Anne Frank). Diese Bücher leisteten ihren Beitrag zu einem emotionalisierten Geschichtsbild, was sie dadurch auch erzeugten, war ein Gefühl von Fassungslosigkeit - also genau genommen das Gegenteil von Verstehen der Geschichte. Das Geschichtsbild war ein zutiefst unpolitisches: Kinder aus (möglichen) TäterInnenfamilien identifizieren sich mit den Opfern, und alle sind sich einig, dass es gut ist, dass "das" vorbei ist. Für eine Definition dessen, was nie wieder geschehen soll, einen analytischeren Zugang und eine kritische Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Regime und seinen Traditionen in der Zeit vor und nach dem Zweiten Weltkrieg gibt es keinen Platz. Im Rahmen der so genannten Allgemeinbildung bleiben Fragen wie „Was macht Faschismus beziehungsweise Nationalsozialismus aus?" - und "Wie konnten faschistische Ideen und Bewegungen so breite Unterstützung in der Bevölkerung finden?" unbeantwortet.

Der Titel von Zeev Sternhells Text „Faschistische Ideologie" (1976), der seit kurzem auch in deutscher Übersetzung vorliegt, greift genau diese Fragestellungen auf. Zunächst stellt Sternhell die Notwendigkeit einer Begriffsdefinition fest: "Es gibt in unserem politischen Vokabular nur wenige Begriffe, die sich einer solch umfassenden Beliebtheit wie das Wort Faschismus erfreuen, ebenso aber gibt es nicht viele Konzepte im politischen Vokabular der Gegenwart, die gleichzeitig derart verschwommen und unpräzise umrissen sind. [...] Der emotionale Gehalt des Wortes Faschismus hat lange Zeit dazu beigetragen, dass ein politisches Konzept im Dunkeln verharrte, das noch nie auf den ersten Blick in aller Deutlichkeit erkennbar gewesen ist."


   
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Rezenson: Zeev Sterhell, Faschistische Ideologie Verbrecher Verlag Berlin 2002

Auszug aus die weisse blatt 04/04. hier erhältlich